Im Alter von 95 Jahren ist Helmut Kritzinger, ein Mann der ersten Stunde im Südtiroler Freiheitskampf der 1960er Jahre, in seinem Heimatort Sarnthein verstorben.
Der am 15. August 1928 in Sarnthein in Südtirol geborene Helmut Kritzinger war Lehrer und Journalist, SVP-Obmann der Südtiroler Volkspartei (SVP) im Sarntal und Mitglied des SVP-Parteiausschusses und Gemeinderat in Sarnthein.
Er gehörte zu dem Freundeskreis der Südtiroler Freiheitskämpfer Jörg Pircher aus Lana und Luis Amplatz aus Bozen und war aktiv an der Errichtung des „Befreiungsausschusses Südtirol“ (BAS) beteiligt. Im Frühjahr 1961 fanden in Südtirol erste Anschläge des BAS statt. Kritzinger wurde im April 1961 verhaftet und konnte daher an den Aktionen der „Herz-Jesu-Nacht“ vom Juni 1961 nicht teilnehmen.
Er musste Mangels an Beweisen im November 1961 wieder aus der Untersuchungshaft entlassen werden. Als 1962 eine neuerliche Verhaftung drohte, floh er nach Österreich. Dort wurde er von dem Nordtiroler Landeshauptmann Eduard Wallnöfer (ÖVP) freundlich aufgenommen und als Journalist bei dem ÖVP-Organ „Tiroler Nachrichten“ angestellt.
Was er in den Kerkern von Bozen und Trient gehört und gesehen hatte, ließ Kritzinger keine Ruhe. Er musste etwas gegen die Folterungen in Südtirol tun. Am 5. Dezember 1962 verfasste Helmut Kritzinger für das Amt der Tiroler Landesregierung sechs Seiten langen erschütternden Bericht unter dem Titel „Wie Südtiroler von den Karabinieri gefoltert wurden“. Dieser Bericht befindet sich heute im Tiroler Landesarchiv in Innsbruck und im Archiv des „Südtiroler Heimatbundes“ und kann von dort als pdf-Datei angefordert werden:
info@suedtiroler-freiheitskampf.net
Als Landesobmann des Tiroler Pensionistenbundes machte Kritzinger in der Folge politische Karriere, wurde Innsbrucker Gemeinderat, dann Bundesrat und schließlich Präsident des Österreichischen Bundesrates. 1975 erhielt Kritzinger das Verdienstkreuz des Landes Tirol und 1981 das Goldene Ehrenzeichen und 2009 das Große Ehrenzeichen der Republik Österreich verliehen.
Zeit seines Lebens blieb er seiner heimatverbundenen Einstellung treu und trat auf allen politischen Ebenen für die Belange Südtirols ein.
Ehre seinem Andenken!
Roland Lang
Obmann des Südtiroler Heimatbundes
P.S.: Die Beerdigung findet am Donnerstag, 2. November, um 14 Uhr in seiner Heimatgemeinde Sarnthein statt.