Kürzlich wurde der sogenannte „internationale Klassenzug“ vorgestellt, bei dem in einem Realgymnasium die Unterrichtssprache Englisch sein soll. Dieses Unterrichtsmodell verletzt ganz klar das Autonomiestatut! Ein weiteres gefährliches Sprachexperiment, das die Identität der deutschsprachigen Süd-Tiroler und ihr Recht auf muttersprachlichen Unterricht gefährdet.
Laut einer offiziellen Medienaussendung des Landes hat „Bildungslandesrat Philipp Achammer die Einrichtung eines internationalen Klassenzugs von Anfang an unterstützt und diese im politischen Aufbau aktiv begleitet.“ Diese Vorgehensweise verdeutlicht, wie gleichgültig der SVP die hart erworbenen Autonomierechte der Süd-Tiroler sind. Während die Gründerväter der SVP für jeden Beistrich im Autonomiestatut und das Recht des muttersprachlichen Unterrichts in Süd-Tirol kämpften, scheint der aktuelle SVP-Obmann und Bildungslandesrat Philipp Achammer eine der wichtigsten Grundsäulen unserer Autonomie ohne Bedenken zu opfern. Dies ist leichtsinnig und untragbar!
Der muttersprachliche Unterricht ist das Rückgrat der Identität Süd-Tirols als Minderheit im Staat Italien und hat vor einer fortschreitenden Italienisierung geschützt. Bereits frühere Sprachexperimente wie CLIL sind gescheitert, was dazu führte, dass die Regierung in der Provinz Trient sich von derartigen Projekten verabschiedet hat. In Süd-Tirol scheint man dies noch nicht verstanden zu haben und versucht ein gut funktionierendes Schulsystem mit aller Gewalt zu verändern und kaputt machen zu wollen.
Bei 14-Jährigen ist die Sprachentwicklung der eigenen Muttersprache noch nicht vollständig gefestigt. Es ist absehbar, dass sich die Sprachkenntnisse im Allgemeinen verschlechtern werden, insbesondere die Deutschkenntnisse. Es ist wichtig, diesen Qualitätsverlust bei unseren Kindern zu verhindern.
Bei einer Tagung an der Universität Bozen warnten angesehene Fachexperten unter dem Thema „Die Minderheitenschule im mehrsprachigen Kontext“ kürzlich eindringlich vor einer Schwächung des Artikel 19 im Autonomiestatut, der den muttersprachlichen Unterricht für die deutsche und ladinische Bevölkerung in Süd-Tirol vorsieht.
An unseren deutschen Schulen dürfen unter dem Decknamen „Projekte“ keine Sprachexperimente mehr erlaubt werden. Zudem muss Artikel 19, der das Recht auf muttersprachlichen Unterricht garantiert, mit sämtlichen Mitteln ausnahmslos bewahrt werden, um einen Qualitätsverlust für unsere Kinder zu verhindern.
Myriam Atz Tammerle, Landtagsabgeordnete der Süd-Tiroler Freiheit