Der Südtiroler Heimatbund erinnert an Franz Gschnitzer, einen Anwalt Südtirols, der am 19. Mai 1899 – also vor 125 Jahren – auf die Welt kam.
Nach dem Besuch des Gymnasiums in Innsbruck und Studien in Wien, Innsbruck und Tübingen habilitierte er sich für österreichisches Privatrecht und erhielt mit 28 Jahren eine Professur an der Universität Innsbruck. Schnell wurde er zu einem anerkannten Fachmann auf dem Gebiet des Privatrechts. Von 1946 bis 1948 war er deren Rektor.
Aber Gschnitzer war nicht nur Wissenschaftler, sondern er war Lehrer und ein Mann des Rechts. Immer wollte er geben, und seine Schüler haben es ihm durch alle Krisen hindurch in Treue gedankt. Als Mann des Rechts und als Demokrat erwies sich Franz Gschnitzer auch in den schweren Kriegsjahren und vor allem von 1938 bis 1945, als es offiziell kein Österreich gab.
Der Österreichischen Volkspartei gelang es nach der Wiedergeburt der Alpenrepublik, diesen Gelehrten, der bloß für die Familie, die Wissenschaft, aber auch für die Literatur gelebt hatte, für die Politik zu gewinnen und im Herbst 1945 in den Nationalrat zu entsenden. Abermals war es sein Rechtsinn, der ihn diesen Ruf befolgen ließ: Er blieb auch als Parlamentarier ein Mann des Maßes.
Der Verlust, den der Tod Gschnitzers für Tirol mit sich brachte, war aber auch mit einem anderen Namen vereinigt: Südtirol.
Gschnitzer wurde nicht zum Kämpfer für die Freiheit Südtirols, weil er Tiroler Politiker war; er wurde Politiker, um für Südtirols Recht und Freiheit einzutreten. Gschnitzer nahm von Beginn an den Auseinandersetzungen mit Italien zur friedlichen und gerechten Lösung der Südtirolfrage teil.
So fungierte er 1946/47 als Mitglied der österreichischen Verhandlungsdelegation zur Lösung der Optantenfrage, deren Einigung im italienischen Optantendekret 1948 ihren bekannten Abschluss fanden. Wenige Jahre später wirkte er am österreichisch-italienischen Studientitel-Abkommen mit, das der Südtiroler Jugend das Hochschulstudium in der Muttersprache sichert.
Einige Jahre war Univ.-Prof. Dr. Franz Gschnitzer auch Mitglied in Stiftungsrat und Kuratorium der Laurin-Stiftung. Als sich die notdürftige Erfüllungsbereitschaft Italiens bei der Realisierung des Pariser Vertrags immer offener zeigte, trat Gschnitzer in den Vordergrund: Anfänglich als Wortführer der Tiroler ÖVP, seit 1946 als Staatssekretär im Außenministerium. Professor Gschnitzer ist zu jener Zeit nur sehr widerwillig nach Wien gegangen, musste er doch den Lehrberuf verlassen. Aber er tat es für Tirol, sein Posten war für ihn Auftrag und Berufung zugleich.
Unter seiner Führung als Leiter der Verhandlungsabordnung mit Italien gelang es in zähen Ringen, Rom eine Reihe von Übereinkünften abzuzwingen und in der Folge die Südtirolfrage zu internationalisieren, bzw. das Thema vor die UNO zu bringen.
Sein Werk war es, dass Italien seit 1956 in die Abwehrstellung gedrängt wurde – und während es doch seit 1946 in Südtirol stets offensiv provokant gewesen war –, dass es die unergründliche und sinnfreie Anschauung, Südtirol sei ein inneritalienisches Thema, das Deutsche in Südtirol bloß Hilfssprache, die Südtiroler Menschen zweiter Klasse, deren Italianisierung legitim sei, aufgeben musste.
Aber auch hier blieb Gschnitzer stets ein Mann des Ausgleichs, der Engstirnigkeit, der Voreingenommenheit und Antipathie nicht kannte. Daher gewann er sich auch das Ansehen vieler Italiener.
1961 wurde Gschnitzer als Staatssekretär und als Nationalrat abgelöst. Später als Bundesrat blieb er Mitglied der österreichischen Verhandlungsdelegation, und als im Sommer 1964 mit Saragat als Partner Österreichs ein Erfolg erzielt wurde, war der geschätzte Professor, der am 19. Juli 1968 allzufrüh verstarb, wieder als maßgeblichster Fachmann dabei.
Wenn Südtirol den halbwegs brauchbaren Weg der Autonomie eingeschlagen hat, war es auch Gschnitzers Verdienst. Aber da er auch für das Recht und die Freiheit seiner südlichen Landsleute eintrat, müssen wir immer an ihn denken und ihn als großen Anwalt Südtirols in Erinnerung behalten, schließt Lang.
„Es ist das Recht selbst!“ Der damalige Staatssekretär und Obmann des Bergiselbundes, Univ. Prof. Dr. Franz Gschnitzer, erklärte am 13. September 1959 auf dem Kongress „Freiheit in der Gemeinschaft“ in Innsbruck: „„… ohne Zustimmung der Beherrschten kann von rechtlicher Herrschaft nicht gesprochen werden. … Verletzung des Selbstbestimmungsrechtes führt unweigerlich zur Verletzung der Menschenrechte. Somit ruht auf der Selbstbestimmung zuletzt überhaupt jede rechtliche Ordnung. Das Selbstbestimmungsrecht ist nicht ein Recht unter anderen; es ist das Recht selbst, das hier um Durchsetzung ringt. Selbstbestimmung gegen Fremdbestimmung – heißt nichts anderes als Recht gegen Gewalt.“ (Gschnitzer, Franz: „Selbstbestimmung“, in: Barta – Kohlegger – Stadlmayer: „Franz Gschnitzer Lesebuch“, Veröffentlichungen der Universität Innsbruck, Wien 1993, S. 892ff)
Roland Lang
Obmann des Südtiroler Heimatbundes