Bildungsausschuss Goldrain diskutiert über die Zukunft des Südtiroler Gesundheitssystems. Der wichtigste Diskussionsteilnehmer fehlte: ein Vertreter des Südtiroler Sanitätsbetriebes.
Im Rahmen der „Aktionstage Politische Bildung“ des Amtes für Weiterbildung der Autonomen Provinz Bozen lud der Bildungsausschuss Goldrain Anfang Mai zu einer Podiumsdiskussion zum Thema: „Ist unser öffentliches Gesundheitssystem am Limit?“ Vor dem Hintergrund wachsender Probleme im Sanitätsbetrieb wurde lebhaft über Effizienz, Leistungsgrenzen, Minimalversorgung und ethische Verantwortung im Südtiroler Gesundheitswesen diskutiert. Dabei kristallisierte sich zunehmend die zentrale Frage heraus: Können die bestehenden öffentlichen Strukturen die gesundheitliche Versorgung noch im erforderlichen Maß garantieren?
Als Referenten begrüßte der Bildungsausschuss drei ausgewiesene Experten:
- Dr. Andreas Tutzer, Facharzt für Orthopädie und Mitglied im Hauptausschuss der Süd-Tiroler Freiheit,
- Dr. Franz Ploner, Landtagsabgeordneter vom Team K und erfahrener Mediziner, sowie
- Dipl.-Vw. Stefan Perini, Direktor des Arbeitsförderungsinstituts (AFI) in Bozen.
Die Diskussion beleuchtete insbesondere:
- die Überlastung öffentlicher Dienste,
- zunehmende Wartezeiten,
- mangelnde Einhaltung medizinischer Standards,
- den Fachkräftemangel sowie
- die ethische Frage, ob eine Zwei-Klassen-Medizin droht.
Besonders kritisch wurde das Fehlen eines offiziellen Vertreters des Südtiroler Sanitätsbetriebes auf dem Podium angemerkt. Trotz Einladung erschien keine Repräsentanz – ein Umstand, der von Veranstaltern und Publikum gleichermaßen als bedauerlich empfunden wurde. Eine direkte Stellungnahme des Sanitätsbetriebes wäre von großem Mehrwert gewesen.
In der regen Gesprächsrunde mit dem Publikum wurde auch die Rolle der sich entwickelnden Parallelmedizin sowie die zunehmende Abhängigkeit von privaten Zusatzversicherungen thematisiert. Dr. Tutzer fasst zusammen: Auch wenn die Grundversorgung gewährleistet und die Behandlungsqualität hoch sei, mangele es dem Sanitätsbetrieb an Reformen und Effizienz. Die Bürokratie und mangelhafte Digitalisierung wirken weiterhin wie eine Fussfessel, es fehle an Pragmatismus und es herrschen lähmende staatliche Einschränkung. Die Flucht der Patienten in die Privatmedizin entlaste die Steuerkasse, die finanzielle Doppelbelastung bliebe beim Steuerzahler hängen. Der Konsens: Die zukünftige Ausrichtung des Südtiroler Gesundheitssystems braucht vor allem den politischen Willen zur Reform: Als selbstfinanziertes System, bestehe der Anspruch auf eine Loslösung vom italienischen Apparat, hin zu einer autonomen Gestaltung.