Wieder einmal zeigt sich wie lückenhaft der Gebrauch der deutschen Sprache bei Versicherungen geregelt ist. Während bei Pflichtversicherungen die eigene Muttersprache in allen Dokumenten eingefordert werden kann, bleibt sie bei Lebensversicherungen, Krankenversicherungen usw. eine Gefälligkeit gegenüber dem Kunden.
So ist es auch Roland Lang ergangen, der die Cronos Vita, Gruppe Allianz, bei der er seine Lebensversicherung abgeschlossen hat, schriftlich um eine Übersetzung eines Briefes aufforderte, den er am 20. Mai erhalten hatte. Dies im Sinne des Dekretes Nr. 574 vom 15.7.1988 zur Gleichstellung der deutschen Sprache.
Drei Wochen später antwortete die Versicherung nur in italienischer Sprache:
Gentile Cliente,
facciamo seguito alla Sua richiesta per specificare che le norme da Lei citate, ovverosia l’art. 2 del D. P. R. 574/1988, richiamato dal Tribunale Amministrativo Regionale di Bolzano nel precedente a cui Lei fa riferimento nella Sua comunicazione, sono esclusivamente applicabili alle assicurazioni obbligatorie, tra le quali non rientra la Sua polizza vita.
Ciò premesso, ci rendiamo disponibili a trasmetterle eccezionalmente, quale segnale di massima attenzione verso la nostra clientela, una traduzione di cortesia della comunicazione del 20/05/2025 in lingua tedesca.
Nell’augurarle una buona giornata, le porgiamo i nostri più cordiali saluti.
Übersetzt
Sehr geehrte Kundin, sehr geehrter Kunde,
Wir möchten Ihrer Bitte nachkommen und darauf hinweisen, dass die von Ihnen zitierten Vorschriften, insbesondere Art. 2 des Präsidialdekrets 574/1988, auf die sich das Regionalverwaltungsgericht Bozen in dem von Ihnen in Ihrem Schreiben erwähnten Präzedenzfall bezieht, ausschließlich für die Pflichtversicherung gelten, was Ihre Lebensversicherung nicht einschließt.
Aus diesem Grund senden wir Ihnen im Sinne unserer Kundenbetreuung gerne eine Übersetzung des Schreibens vom 20.05.2025 in deutscher Sprache zu.
Wir wünschen Ihnen einen schönen Tag und verbleiben mit freundlichen Grüßen.
Die Begründung der Versicherung ist eindeutig: Das genannte Dekret gelte nur für Pflichtversicherungen. Für alle anderen bleibe die Sprache Kulanzsache – ein Freibrief für Unternehmen, die Muttersprache ihrer Südtiroler Kundschaft zu ignorieren.
In Anlage erhielt Lang aber trotzdem aus Kundenbetreuung die fehlerfreie Übersetzung des fünfseitigen Briefes, der die Übertragung der Vertragsposition mit Cronos Vita an Assicurazioni S.p.A. („Cronos“) zugunsten der Allianz S.p.A. nach der Unternehmensspaltung (wie nachstehend definiert) und Informationen über die Aufspaltung und Fusion der Getrennten Fonds (die „Getrennten Fonds“ oder „GF“) informierte.
Das Recht auf Zweisprachigkeit müsste bei jeder Art von Versicherungen Pflicht sein, so Roland Lang. Ob Autoversicherung oder Lebensversicherung, hier kann doch kein Unterschied gemacht werden!
Warum muss ein Südtiroler deutscher Muttersprache tagtäglich sein Recht auf seine Muttersprache 37 Jahre (!) nach der Gleichstellung der deutschen Sprache mit der Staatssprache mit Dekret des Präsidenten der Republik immer wieder einfordern? Ein Recht, das uns eigentlich bereits 1946, vor knapp 80 Jahren, im Pariser Vertrag mit „Gleichberechtigung der deutschen und italienischen Sprache“ zugesichert wurde?
Hapert diese Gleichstellung in diesem Fall doch schon bei der Unterscheidung der Versicherungsart.
Und als Bürger zweiter Klasse, dem hier die Muttersprache verweigert wird, muss mich anständigerweise auch noch bei Cronos Vita/Allianz für die aus Kundenfreundlichkeit zugesandte deutsche Übersetzung bedanken. So sieht die vor Jahrzehnten auf dem Papier von Rom gewährte Gleichstellung der deutschen Sprache in der Realität aus!