Begehrensantrag:

Das sogenannte Siegesdenkmal gehört ins Museum!

Anträge, Landtag
Anträge, Landtag
Begehrensantrag:

Das sogenannte Siegesdenkmal gehört ins Museum!

Beschreibung:

Das sogenannte Siegesdenkmal in Bozen sorgt seit jeher für Kontroversen. Dies hat einen einfachen Grund: Das Denkmal, inklusive der kapitolinischen Wölfin und des Markuslöwen auf den flankierenden Pfeilern, steht sinnbildlich für den vermeintlichen territorialen Anspruch Italiens auf Süd-Tirol und für die faschistische Ideologie.

Die in Richtung Norden – gegen Österreich – einen Pfeil abschießende reliefartig dargestellte Siegesgöttin beherrscht die Stirnseite des Denkmals (siehe Abbildung 1). Direkt unter dem Relief prangen die Parolen “HIC PATRIAE FINES SISTE SIGNA // HINC CETEROS EXCOLVIMVS LINGVA LEGIBVS ARTIBVS”, übersetzt: „Hier an den Grenzen des Vaterlandes setze die Feldzeichen. Von hier aus bildeten wir die Anderen (gemeint sind die Süd-Tiroler) durch Sprache, Gesetze und Künste.“ Anstelle von CETEROS ‘die Anderen’ hätte es ursprünglich BARBAROS ‘die Barbaren’ heißen sollen. Trotz der abgemilderten Wortwahl bleibt die Botschaft der Parolen unmissverständlich: die – lediglich in der Selbstwahrnehmung existierende – Überlegenheit der römischen bzw. italienischen Nation gegenüber den vermeintlich ungebildeten Völkern des Nordens.

Die 14 Säulen und Halbsäulen des Denkmals wurden als überdimensionale Liktorenbündel ausgearbeitet. Auch die Auftraggeber, König Viktor Emanuel III. und der faschistische Diktator Benito Mussolini, sind auf dem Denkmal verewigt. So ist auf dessen Südseite gut sichtbar vermerkt: “BEN. MVSSOLINI // ITAL. DVCE A. VI”, übersetzt: „Italiens Duce Benito Mussolini im Jahr 6 [der faschistischen Zeitrechnung]“.

Seit seiner Einweihung am 12. Juli 1928 steht das Denkmal, das an den Sieg Italiens im Ersten Weltkrieg erinnern soll, unverändert da. Von einer ideologischen Entschärfung kann – trotz wiederholter Beteuerungen von so manch politischer und auch wissenschaftlicher Seite – nicht die Rede sein, denn dafür erfüllt es nicht das wichtigste Kriterium: Eine ideologische Entschärfung ist nur dann erreicht, wenn ein solches Denkmal unwiederbringlich in seine Einzelteile zerlegt wird – wie etwa beim
Reichsparteitagsgelände der NSDAP in Nürnberg. Auch das im Jahr 2014 unter dem sogenannten Siegesdenkmal eingerichtete Dokumentationszentrum trägt
keineswegs zur Entschärfung des Denkmals bei – zumal an der Oberfläche, bis auf den Leuchtring, der an einer der Säulen angebracht wurde und in Laufschrift auf die Daueraufstellung im Untergrund hinweist – alles so bleibt, wie es ist.

Und selbst ebenda im Untergrund darf nicht die ganze Wahrheit gezeigt werden. So wird etwa die Petition aus den 1920er Jahren, mit der sich namhafte Bozner Bürger gegen den Bau des sogenannten „Siegesdenkmals“ ausgesprochen haben, aus falsch verstandener ethnischer Rücksichtsnahme den Besuchern vorenthalten. Kurzum: Am Mythos des Faschismus soll nicht gerüttelt werden – weder an der Oberfläche, noch im Untergrund.

Unaufgearbeitet bleibt folglich auch die Enteignung der Grundstücke und der erzwungene Abriss der Gebäude im damaligen Stadtviertel Hof. Auf dem Areal des heutigen so genannten Siegesdenkmals bzw. Siegesplatzes standen einst stattliche Villen wie die Villa Wachtler (siehe Abbildung 2), Villa Pomona, Villa Heimat, Villa Preciosa, Villa Friedheim, Villa Baumgartner (siehe Abbildung 3) sowie das Gasthaus Badl (siehe Abbildung 4), das Bräuhaus Klösterle (siehe Abbildung 5) und das Löwenhaus. Sie alle mussten der neuen faschistischen Architektur weichen. Die Bewohner wurden vertrieben. Ihr tragisches Schicksal ist weder im genannten Dokumentationszentrum im Untergrund noch an sonstiger Stelle (wissenschaftliche Publikation, Filmdokumentation) dokumentiert.

Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass das sogenannte Siegesdenkmal dem Staat Italien bis heute als Machtinstrument dient, mit dem insbesondere der vermeintliche territoriale Anspruch auf Süd-Tirol demonstriert werden soll: „SISTE SIGNA“ – Zeichen setzen, das Revier abstecken! Bedauerlicherweise existiert diese Lesart des sogenannten Siegesdenkmals auch in Süd-Tirol, insbesondere in jenen politischen Lagern, die sich bis heute von den Verbrechen des Faschismus und folglich auch von dessen Kulturverbrechen an den Süd-Tirolern nicht distanziert haben und es stattdessen vorziehen, sie als bloßes Zeugnis der Geschichte oder als angeblich entfaschistisiertes Kulturdenkmal zu verharmlosen, statt sie als das zu erkennen, was sie sind: steinerne Sinnbilder einer Ideologie, die bis heute in die Gegenwart hereinstrahlt.

Der Versuch, ein totalitäres Machtsymbol, das der Unterdrückung gewidmet ist, nachträglich in ein ideologiefreies Mahnmal für Demokratie und Frieden umzudeuten, wirkt geradezu zynisch. Mit einem faschistischen Denkmal Antifaschismus lehren zu wollen, ist ein Widerspruch in sich – so widersprüchlich, wie aus einem Schwert ein Friedenszeichen machen zu wollen. Das Ziel einer ideologischen „Entschärfung“ des Denkmals ist somit klar als gescheitert zu betrachten. Es ist nämlich eine bedauerliche Tatsache, dass diejenigen, die eine Mahnung am nötigsten hätten, sich durch das Denkmal keineswegs ermahnt, sondern, im Gegenteil, in ihrem Geschichtsbild bestätigt sehen. Wer imperialistische und unmissverständlich ideologisch aufgeladene Symbole relativiert oder gar verteidigt, verkennt deren Botschaft und trägt mit Sicherheit nicht zu einem friedlichen und respektvollen Miteinander bei, sondern vielmehr dazu, dass einer Seite auf Grund ihrer ethnischen Zugehörigkeit weiterhin ideologische Nötigung, Provokation und Demütigung widerfährt.

Das Vorhaben der italienischen Regierung, dieses Denkmal einmal mehr mit Steuergeldern zu sanieren, lässt den Unmut in der Süd-Tiroler Bevölkerung nur noch größer werden und ist daher, im Sinne eines ehrlichen, respektvollen und friedlichen Miteinanders, entschieden abzulehnen.

Vorstöße zu einer umfassenden ideologiefreien Aufarbeitung des Denkmals bis hin zu dessen Entfernung hat es in der Vergangenheit mehrfach gegeben. Unter diesen ist insbesondere folgender hervorzuheben: Vor mittlerweile fast fünfzig Jahren hat die Südtiroler Volkspartei im Regionalrat einen sehr ausführlich und tiefgründig ausgearbeiteten Begehrensgesetzentwurf – Nr. 1579 – mit dem Titel „Entfernung der faschistischen Symbole in der Provinz Bozen“ vorgelegt. Besagten Begehrensgesetzentwurf hat der Regionalrat am 12. Oktober 1976 mit einer gewaltigen Mehrheit von 37 von 46 Stimmen genehmigt und wurde daraufhin vom Regionalratspräsidium an die italienische Abgeordnetenkammer übermittelt. Leider ist der Begehrensgesetzentwurf dann in Rom versandet. Dies ist umso bedauerlicher, zumal sich auch italienische Intellektuelle (Architekten, Historiker, Journalisten, Schriftsteller) für die Beseitigung des Denkmals ausgesprochen haben, doch blieben sämtliche Bemühungen und Appelle in diese Richtung bislang ohne Erfolg. Die negative Strahlkraft des Denkmals bleibt auch heute noch, im Jahr 2025, unverändert. Ein neuerlicher Vorstoß, der endlich eine Lösung im Sinne einer wissenschaftlich seriösen Aufarbeitung und ideologiefreien Aufbereitung dieses umstrittenen Themas herbeiführt, erscheint dringlicher denn je.

Die Dringlichkeit der Aufarbeitung des Faschismus zeigt sich nicht nur am sogenannten Siegesdenkmal, sondern auch an weiteren Denkmälern und Symbolen des Faschismus, die zudem immer wieder Schauplatz von Gedenkveranstaltungen und Paraden werden. Das prominenteste Beispiel dafür ist das Gedenken anlässlich des Jahrestags des Marsches auf Rom. Wie alljährlich, wurde dieses auch heuer – im Jahr 2025! – in Predappio bei Rimini, dem Geburtsort des ehemaligen italienischen Diktators Benito Mussolini, gefeiert. Von den rund tausend Alt- und Neofaschisten besuchten mehrere Teilnehmer die Krypta, in der der Duce und seine Frau Rachele begraben sind (siehe Abbildung 6), und streckten vor der Büste Mussolinis, die mit den faschistischen Liktorenbündeln flankiert ist, den rechten Arm zum römischen Gruß (siehe Abbildung 7), der eigentlich in Italien gesetzlich verboten ist.

Doch nicht nur in Italien, auch in Süd-Tirol finden Gedenkfeiern vor faschistischen Denkmälern und Symbolen statt. Jüngstes Beispiel: Die im Oktober 2025 veranstaltete Feier anlässlich des 153. Jahrestages der italienischen Gebirgstruppen („truppe alpine“) im Innenhof ihres Sitzes „Comando truppe alpine“ in Bozen (siehe Abbildung 8). Als politische Vertreter fanden sich unter den Teilnehmern der stellvertretende Landeshauptmann von Süd-Tirol, Marco Galateo, der Bozner Bürgermeister Claudio Corrarati, der Senator Luigi Spagnolli sowie der Regierungskommissär für die Provinz Bozen, Vito Cusumano. Die Ehrerweisung an die Alpini durch besagte Politiker nicht nur des rechten, sondern sogar des linken Lagers sowie durch einen ranghohen Vertreter des Staates und auch durch die Alpini selbst fand direkt vor der überdimensionalen Statue von Gaius Julius Cäsar statt, deren Sockel – geradezu als wäre es das Selbstverständlichste der Welt – ebenfalls mit den faschistischen Liktorenbündeln flankiert wird (siehe Abbildung 9). Niemand der Teilnehmer hat sich offenbar an der faschistischen Symbolik des Denkmals gestört, und niemand war sich der verheerenden Tragweite der Botschaft seines Handelns bewusst. Und dies alles in unmittelbarer Nähe zum sogenannten Siegesdenkmal und dessen Dokumentationszentrum, das doch eigentlich gegen derartige Auswüchse mahnen sollte – was sichtlich nicht gelingt!

Als Selbstverständlichkeit wird von der Partei, die der Landeshauptmannstellvertreter vertritt, auch die „fiamma tricolore“ im Logo der Partei erachtet. Das Logo steht nicht nur für die italienischen Nationalfarben, sondern, da als Flamme dargestellt, für das ewige Feuer auf dem Grab Mussolinis – womit sich der Kreis zum Duce wieder schließt und die Nostalgie nach der faschistischen Ideologie und Verharmlosung derselben lebendig gehalten wird. Die Flamme von Benito Mussolini leuchtet – wenn man so will – bis in die Süd-Tiroler Landesregierung hinein.

Einbringer des Antrags:

Landtagsabgeordneter Sven Knoll

Eingereicht am:

28. Oktober 2025

Zum Antrag:

Hier klicken!

Abstimmungsergebnis

wurde noch nicht abgestimmt

Begehrensantrag, Faschismus, Landtag, Siegesdenkmal
Untragbare Zustände am Gymnasium Albert Einstein in Meran
Gefälschte Sprachzertifikate bei der Italienischen Post

Das könnte dich auch interessieren